1936 – Wie alles begann

Walter Schneider

Original Gewerbeanzeigebescheinigung vom 2. Mai 1936

1936  – gründeten Walter Schneider – gelernter Zimmermann – und Max Richter in Colmnitz ein kleines Unternehmen „die Schneider & Co. Weinessig – Kelterei und Weinhandlung“. Von Weltbedeutung war das bestimmt nicht, doch in dieser Zeit ein gewagter Schritt. Hinter der Firma verbarg sich ein ambulanter Handel mit Lebensmittel, Senf, Essig, Olivenöl, Säften und Weinen. Schnell bekam das kleine Unternehmen vom Volksmund seinen Namen „Der Essig-Schneider“. Um Kunden im Umland zu finden, wurde mit dem Fahrrad in die umliegenden Dörfer und bis Freiberg geradelt, um den Menschen die Warenpalette anzubieten. Nach den Bestellungen wurde das Warensortiment zusammengestellt, auf einen für die damaligen Verhältnisse modernen Lieferwagen „Opel-Blitz“ verladen und ab ging es von Dorf zu Dorf. Doch nur kurze Zeit währte das Glück. Mit Kriegsbeginn wurde das Auto beschlagnahmt und so war guter Rat teuer. Doch man ließ sich nicht entmutigen, 2 Pferde mit Wagen wurden in den Dienst gestellt und so ging es weiter, wenn auch viel langsamer und mühsamer, die Kundschaften zu beliefern. Oft mussten sogar Kutscher und Pferde übernachten, weil die Wegstrecke an einem Tag nicht zu schaffen war.

v.l.n.r: Richter Max, Butter Horst, Göpfert Arno, Weichelt Bernhardt, Böhme Georg, Schneider Max

Opel Blitz um 1936

Pferdewagen

„Iß Bockwurst Du, so merke fein, der Senf darf nur von Schneiders sein“

1947 – Erweiterung in der Nachkriegszeit

Historisches Etikett des Gärungs-Essig

Die Kriegswirren konnten das Unternehmen nicht erschüttern. Doch auch in der Firma gab es 1947 einschneidende Veränderungen. Max Richter verließ 1947 die Kooperation. Walter Schneider war nun der alleinige Besitzer und baute zwischen 1947 – 1950 den Familienbetrieb Schneider weiter aus. So kam zum ambulanten Handel die eigene Essigproduktion hinzu. Neben seinem Sohn Günter holte er noch seine Töchter Edith und Ute ins Boot. Ein neuer Firmenname wurde geboren „Walter Schneider –Essigfabrik“, am Volksnamen „Essig-Schneider“ änderte sich nichts. Mit der Normalisierung des öffentlichen Lebens stieg auch wieder die Kaufkraft der Menschen. Investitionen im Betrieb wurden notwendig, um den steigenden Bedarf zu decken. Ein Holzvergaser löste das Pferdegespann ab, Maschinen und Anlagen für die eigene Essigproduktion gekauft, für die Lagerung des Essigs brauchte man größere Fässer. Auch mit dem Bau einer Senfmühle wurde begonnen. Leider kam es noch nicht zur Produktion. Trotz des kleinen Missgeschicks ging es mit dem Familienbetrieb stetig aufwärts, gedankt sei auch hier nochmals dem Gründer Walter Schneider. Die Familie zog mit an einem Strang. Sohn Günter war per Motorrad RT 125 als Handelsvertreter in Stadt und Land für die Kundenwerbung und Abschlussverträge unterwegs. Der Holzvergaser ging in Rente und wurde von einem „Garant“- Lieferwagen Marke DDR abgelöst.

Schneechaos 1970, Mittelsaida (Erzg.)

Nur mühsam bewegt sich der Garant voran

Ein Blick in die Fahrerkabine vom Garant

Der Garant auf seinem Weg durch den Schnee

1972 – Abschied, Neubeginn und Kampf

1972 – Nach kurzer schwerer Krankheit und viel zu früh verstarb, mit 64 Jahren, der Gründer Walter Schneider. Ein schwerer Schlag für die Familie! Doch der Betrieb musste weiterlaufen. In einem intakten Betrieb kein großes Problem. Sohn Günter Schneider übernahm die betriebliche Leitung und führte die Geschäfte nahtlos weiter.

Historisches Etikett des Colmnitzer Kräuterbitter

Etikett des Colmnitzer Kräuterbitter

Etikett des Colmnitzer Kräuterbitter

Die Widrigkeiten kamen aber trotzdem. Der Staat wollte nach Verstaatlichung der Landwirtschaft auch Handel und Handwerk Anfang der 70er Jahre enteignen. Für den Betrieb begann eine kurze aber schwere Zeit. Erst nach 2 Jahren harten Kampf mit den Behörden bekam Günter Schneider seinen Gewerbeschein. Letztendlich führten Zuversicht und Beharrlichkeit zum Erfolg. Am 01.01.1974 übernahm er offiziell die Geschicke des Betriebs. Am Charakter der Firma änderte sich nichts. In altbewährter Weise – qualitätsgerecht und pünktlich – wurden die Kunden von Altenberg, über Freiberg, Meißen bis hin nach Riesa beliefert. Der rollende Essig -, Senf -, Wein – und Spirituosen – Lkw hatte sich noch mal vergrößert, ein Lkw Robur war notwendig geworden, weil Großküchen, Fleischereien usw. den Warenumsatz steigen ließen.

1990 – Das Jahr der Wende

Dorffest im Jahr 2000

Auch für den Betrieb eine schwierige Zeit. Großkunden brachen weg, Westprodukte überschwemmten den Markt. Doch man blieb seiner Linie treu. Neue Kunden wurden gesucht und gefunden. Positiv auch für die hiesige Bevölkerung: ein Laden mit einem reichhaltigen Warenangebot wurde eröffnet. 2000 verschiedene Artikel von Obst, Gemüse, Wurst, alkoholischen Getränken bis hin zu Haushaltsartikeln, Holzkohle u. v. m. stehen kaufbereit in den Regalen. Auch der vom Volksmund geprägte Name „Essig-Schneider“ wurde nun offiziell zum Familienlogo. Eine Erfolgsgeschichte eines kleinen Unternehmens, dass unbeirrt verschiedene gesellschaftlichen Verhältnissen getrotzt hatte.

2007 – Ein Schock für die Familie

Günter Schneider

Mitten aus dem Arbeitsleben gerissen verstarb am 12.10.2007 Firmenschef Günter Schneider. Doch auch diesen Schmerz überwand die Familie. Tochter Ulrike – ausgebildet als Diplom – Ökonom- war bereits im Betrieb tätig und übernahm die Leitung. Daher blieben weitere Neuerungen nicht aus: die Ladenfläche sowie das Sortimentsangebot wurden erweitert.

2008 – Start in die eigene Senfproduktion

Historisches Etikett des Tafel-Öl Marke Goldstein

Ab 2008 begann endlich ein lang gehegter Wunsch Wirklichkeit zu werden, die eigene Senfproduktion. Gebaut wurde eine traditionelle Senfmühle mit modernem „Know – how“ die Senf nach alten Rezepten produziert, so dass heute jährlich mehrere Tonnen Senf hergestellt werden. Die Modernisierung der Essigfabrik ist für die nächsten Jahre geplant. Es werden mehrere 10.000 Liter Essig im Jahr hergestellt.

Historisches Etikett des Trinkbranntweins

Der Tradition folgend zog in den Familienbetrieb die 4. Generation ein, Tochter Kristin – gelernte Industriekauffrau, die heute schon wichtige Aufgaben in der Verwaltungsarbeit übernommen hat. Senf -und Essigherstellung gehören zu den Aufgaben von Sohn Peter, der sich im Hintergrund für die Qualität dieser Produkte verantwortlich zeigt, unterstützt von Kristin. Es zeichnet sich also auch eine erfolgreiche Fortsetzung des Betriebes für die nächsten Jahre ab.

 

 

Senfmühle

Senfmühle

Senfmühle im Prozess

Senfmühle im Prozess

Kristin Schneider beim Zubereiten von Senf

Ein Lächeln macht vieles einfacher

Ulrike Schneider schüttet Senfpulver in einen Topf

Senfpulver, die wichtigste Zutat für Senf

Ulrike Schneider und Tochter beim Zubereiten von Senf

Gemeinsam geht alles leichter

2011 – 75 Jahre „Essig-Schneider“

75 Jahre „Essig-Schneider“ – ein traditionelles Familienunternehmen in der 4. Generation, geprägt durch Fleiß, Elan, Zuverlässigkeit und Durchsetzungsvermögen und Qualität seiner Produkte. 

2012 – Europaweiter Vertrieb

Die Firma erweiterte sich mithilfe des onlinebasierten Vertriebs. Kunden aus ganz Deutschland und anderen Teilen Europas war es möglich, Produkte über den Online-Shop zu bestellen. Neben der Internetpräsenz kam es außerdem zur Erweiterung des Hofladens. Neue und regionale Produkte hielten Einzug im Sortiment.

2013 – Renovierung der Essigfabrik

2013 begann die Renovierung der Fabrikräume. Alte Holzfässer mussten einer neuen Edelstahleinrichtung weichen. Auch die vorhandenen Lagerfässer strahlten von da an in neuem Glanz.

2016 – Ein Meilenstein wird zur Tradition

Anlässlich des 80. Jubiläums wurde der Startschuss zum alljährlichen Hoffest gegeben. Der Bauern- und Handwerkermarkt auf dem Firmengelände begeisterte tausende Besucher von nah und fern, die jedes Jahr erneut diesem Ereignis entgegenfiebern. Einheimische Händler und weitere Direktvermarkter bieten von früh bis spät ihre Waren an. Durch Blasmusik im Festzelt, Spiel und Spaß für die kleinen Besucher, Vorführungen der alten Handwerkstraditionen sowie Tierausstellungen wird das Fest zum absoluten Erfolg. Zeitgleich wird „Sempfi“ geboren, das firmeneigene Maskottchen. Das zum Leben erwachte Senfglas fasziniert seither auf Veranstaltungen und Hoffesten große und kleine Besucher.

2017 – Vergrößerung des Fabrikgebäudes

Nach langer Planung begann die Erweiterung des Fabrikgebäudes. Auf diesem Wege bildete sich dem Unternehmen ein neues Standbein. Mit dem Bau des Präsentations-und Verkaufsraumes wurde die Möglichkeit zur ganzjährlichen Betriebsführung realisiert. Nach der Fertigstellung im Frühjahr 2019 konnten erste Besucher empfangen werden. Seitdem nutzen Reisegruppen, Vereine und Betriebe die Gelegenheit mehr über Essig, Senf und „Essig-Schneider“ selbst zu erfahren. Neben der Betriebsführung inklusive Museumsbesuch sorgt ein speziell auf Senf abgestimmtes, kulinarisches Angebot für Begeisterung bei den Gästen.

2020

Zusätzlich wurde eine weitere kleine Senfmühle in Auftrag gegeben, um die Entwicklung neuer Senfsorten voranzubringen. Auch die schwierige Situation zu Beginn des Jahres 2020 bewältigte das Familienunternehmen mit Bravour.

2021 – Fertigstellung der kleinen Senfmühle


 

 

 

 

 

Pläne für die kommenden Jahre sind gefasst. So sollen unter anderem neue Senf- und Essigvarianten, andere Senf-Produkte entstehen. Parallel zur Betriebsführung wird über die Entwicklung eines Senfworkshops nachgedacht. Außerdem wird die Beteiligung am traditionell im Erzgebirge verwurzelten „Tag des Handwerks“ sowie ein eigener Weihnachtsmarkt angestrebt.